Leseproben
Titel: | BERGLER G'SCHICHTEN - Zeitzeugen erzählen aus ihrem Leben |
Interview mit Franz Bock, geb. 1920
ich hatte 3 Geschwister, alle waren jünger als ich. Meine Mutter verließ meinen Vater. Wir kamen ins Waisenhaus und alsbald zu Pflegeeltern. Ich kam nach Maria Bild bei Jennersdorf zu einer Bauernfamilie.
Mein Onkel - der Bruder meines Vaters - Dr. Fritz Bock, war ehem. Wirtschaftsminister in Österreich, zu dem wir jedoch aus mir nicht bekannten Gründen keinen Kontakt pflegten.
Die Ehe meiner Eltern wurde nie geschieden. Meine Mutter hatte dann einen Lebensgefährten, Herrn Augustin. 1932 nahm meine Mutter mich und meine Geschwister wieder zu sich. Wir wohnten nun in der Judengasse in Eisenstadt. Ab diesem Zeitpunkt war ich mit 12 Jahren von behördlicher Seite zum "Familienerhalter" bestimmt.
kleiner Auszug aus seinen Erinnerungen:
In der ersten Klasse Volksschule saß ich in der ersten Reihe, weil meine Augen so schlecht waren. Ich besaß ja keine Brille. Mit Herrn Franz Soronics (späterer Innenminister) bin ich in dieselbe Klasse gegangen. Er hat mich an der Hand genommen und mich zur Schule mitgenommen. Damals hat man noch mit Griffel geschrieben. Ich habe eigentlich nur das gelernt, was ich gehört habe, weil ich nichts gesehen habe. Deshalb musste ich auch das erste Jahr wiederholen.
Wir waren sehr arme Leute. Meine Mutter hat bei den Juden Wäsche gewaschen, dafür bekam sie 6 Schilling im Monat. Wäsche waschen war Schwerarbeit. Aber auch unter den jüdischen Familien hat es sehr arme Leute gegeben. Zu den reichsten Juden zählten Leopold Wolf & Söhne (Weinhändler) sowie der Fabriksbesitzer Spitzer (Lederfabrikant)
Mit meinen 12 Jahren musste ich zeitig in der Früh für den Bäcker Frasz Semmeln austragen. Das war meine Arbeit, noch bevor ich in die Schule ging. Dafür erhielt ich Brot und Gebäck für meine Familie. Der Neusiedler Motz (Mogerl) hat dort als Bäcker gearbeitet, auch ein sehr armer Bursche und unheimlich fleißig. Der Ofen wurde mit Holz beheizt, und ich hatte die Aufgabe, ständig nachzulegen, damit nur ja nie das Feuer ausging. Beim "Einschießen" des Gebäcks habe ich auch mitgeholfen. Da hat der Motz oft absichtlich das Gebäck "zusammengeschossen", damit es nicht verkauft werden konnte. Dieses hat er mir dann heimlich auf eine entlegene Mauer gelegt, damit ich sie mitnehmen konnte. Alles was ich an Geld verdient habe, habe ich meiner Mutter abgegeben. So mussten wir nur selten Hunger leiden.